von stuwe » Sa 23. Feb 2013, 11:02
Hallo Marion,
ich habe den Film auch auf DVD angesehen. Im November 2011, als der Film in den Kinos anlief, habe ich ihn leider verpasst, weil erst später davon erfahren. So schaute ich mir bei youtube einzelne eingestellte Szenen an und ich wollte diesen Film unbedingt im Ganzen sehen, obwohl mein Mann keinen Hirntumor hatte, sondern Speiseröhrenkrebs. Im Oktober 2012 war es dann soweit und die DVD kam raus. Ich habe von Anfang an mitgeweint und mir kamen so viele Szenen bekannt vor.
Der Auftakt im Film vor dem Arzt.........das hätten wir beide, mein Mann und ich sein können. Genauso fassungslos haben wir im Dezember 2003 vor dem Arzt gesessen, als uns die schrecklichste Nachricht bis dahin in unserem Leben verkündet wurde. Auch die Szenen des Vorspielens der „heilen Welt“, des „Nichtwahrhabenwollens“, des „Trotzes“ gegen die Krankheit und die Aggressionen auf beiden Seiten während der Zeit der Krankheit ab Diagnose bis zum Tod im Februar 2005, all das konnte ich in dem Film nochmals nachvollziehen und somit wiederholt mein „eigenes“ Schicksal aufarbeiten.
Ein wirklich toller Film, der alle Facetten der Gefühle widerspiegelt und damit ein Tabu im Umgang mit Krankheit und Tod zu brechen versucht.
Aber ich möchte aus meiner Sicht auch auf Deine Frage antworten: Was ist besser, ein plötzlicher Tod oder eine lange Zeit der Vorbereitung darauf.
Wie gesagt, im Dezember 2003 kam bei meinem Mann die Diagnose Speiseröhrenkrebs inoperabel. Seit seinem 16. Lebensjahr hatte er ständiges Sodbrennen, welches er mit Bullrichsalz etc. unterdrückte. Nun war er 46 Jahre, nie beim Arzt deswegen gewesen und bekam die Quittung dafür. Ich vergesse niemals seine Worte zu mir: „Hättest Du das gedacht....dass Sodbrennen zu Krebs führen kann...????“
„NEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN“ niemals!!!! Sonst hätte ich ihn wohl an meine Hand gefesselt und ihn zum Arzt geschleift.
Wir hatten die Zeit der Vorbereitung, aber ich habe sie nicht so gesehen. Ich glaubte immer wieder an ein Wunder und versprühte Optimismus. Meine Tochter sagte in der Zeit mal zu mir: „Mama, Du solltest Dich endlich damit befassen, dass Du mit Papa nicht so alt werden kannst, wie Ihr es Euch vorgestellt habt.“ Ich war sooooooo böse über ihre Worte und sagte zu ihr, dass sie gehen soll.
Mein Mann dagegen wollte mit mir immer über den eventuellen Tod reden. Ich blockte immer wieder ab und weinte lieber heimlich, bevor ich dann wieder die „Starke“ spielte.
Dann kam der Tod im Februar 2005 ganz plötzlich mitten in der Nacht. Der Krebs war zwar nicht zurückgegangen, aber die vielen Chemos haben wohl auch seinen Organismus geschädigt. Mein Mann war bis zum letzten Abend nicht bettlägerig. Er ist Auto gefahren, hat Schnee vor dem Haus geschippt, einen Tag zuvor waren wir sogar noch im Kino. „Nichts“ wies auf einen bevorstehenden Tod hin.
Ich hätte eine lange Zeit der Vorbereitung haben können, habe sie aber nicht genutzt. Mein Mann hätte es sicher so gewollt, wenn ich mehr auf ihn und seine Befürchtungen eingegangen wäre.
Das hat mich nach seinem Tod sehr belastet. Aber: Mein Inneres wollte sich einfach nicht vorbereiten. Vielleicht hätte ich dann selbst für ihn nicht so stark sein können? Und er wäre vielleicht noch viel früher nach der Diagnose gegangen? Vielleicht hätten wir aber auch Stück für Stück Abschied nehmen können, wenn ich nicht so auf „Wunder“ programmiert gewesen wäre? Auch das sind Fragen, auf die ich zur Zeit keine Antwort bekomme.
Aber was nützt das letztendlich, wenn das Unfassbare, das Endgültige eingetreten ist. Der Schock und der Schmerz darüber ist der Gleiche, egal ob langer Abschied oder ein Brutaler Plötzlicher. Erst als mein Mann friedlich vor mir lag habe ich wirklich Abschied von ihm nehmen müssen. Im Stillen hoffe ich, dass er jetzt weiß, warum ich mich während seiner Krankheit grade so verhalten habe und nicht anders.
Viele liebe Grüße
Steffi